„Wenn wir wollten, könnten wir schon morgen unsere eigenen Autos bauen und auf den Markt bringen.“ Wer mit Mitarbeitern des Industriekonzerns Bosch zu tun hat, der konnte diesen Satz in den vergangenen Jahren immer wieder mal hören. Mal als ironische Drohung, zumeist aber voller Stolz ausgesprochen, drückte er doch das einzigartige Selbstbewusstsein aus, das den großen deutschen Autozulieferern Bosch, Continental und ZF eigen war, für die „Autozulieferer“ eigentlich nie der passende Begriff war.
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Das klingt ein bisschen wie die Erzählung von der guten alten Zeit? Vielleicht nicht zu Unrecht. Denn wie auch immer die verzögerte Wende zur E-Mobilität für die deutschen Automarken endet, eines zeichnet sich so langsam ab: Die Zeit der großen deutschen Autozulieferer als technologische Herzkammer der Branche, sie könnte vorbei sein.
Das zeigt sich auch an den aktuellen Entwicklungen bei Continental. Wenn der Konzern nun erwägt, sich von seinem gesamten Zuliefergeschäft zu trennen – nachdem man die Antriebssparte bereits abgestoßen hat – dann ist das formell nur die Rückkehr zu den eigenen Wurzeln: Der Reifenhersteller wird wieder das, was er mal war. Aber es ist eben auch der Abschied von der Idee eines integrierten Industriekonzerns, der allein von seinen Dimensionen her mit seinen Kunden, den Autoherstellern, auf Augenhöhe interagieren kann.
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In eine ähnliche Richtung deuten auch die Zeichen bei Bosch. Für eine Rekordsumme kauft der Konzern gerade eine Sparte des Wettbewerbers Johnson Controls – um die Wärmepumpensparte zu stärken. Was vermutlich nicht nur eine kluge Investition ist, sondern auch: eine sehr bewusste Allokation von Ressourcen – weg von dem, was einst das Herz des Unternehmens war. Bei Bosch wie bei ZF steht zudem die Forderung im Raum, Unternehmensteile an die Börse zu bringen, sie eigenständig zu machen.
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Einen Preis aber wird dieser vermutlich unvermeidliche Wandel haben: Eine Machtverlagerung in der Autowelt. Weg von den großen Zulieferern und eigentlichen Autoentwicklern hin zu den Marken – und zu jenen, die die technologischen Herzkammern des Autos von morgen beherrschen: Software und Batterien, keine Zündkerzen.